Danke!

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Große und kleine Dinge. Dies noch und das. Viele von uns bekommen heutzutage gar nicht mehr genug, von Dingen, von Geld, von Worten – aber auch von Spirituellem. Wir wollen immer mehr und mehr besitzen und immer besser sein – und wir nehmen dabei gar nicht mehr wahr, was da ist, was um uns und in uns ist.

In dieser Gier, die in unserer Gesellschaft herrscht, kann ein kleines Danke eine ganz simple Methode sein, um einfach inne zuhalten. Um sich darauf zu besinnen und wertzuschätzen, wie reich wir doch in Wahrheit sind.

Wenn wir bitten und fordern, richten wir uns am Mangel aus, an Zuständen, Vorgängen oder Objekten, die nicht so sind, wie wir sie gerne hätten. Mit einem Dankeschön aber programmieren wir unseren Geist genau in die andere Richtung und können ganz bewusste eine positive, eine bejahende Einstellung wählen. Bitten und Fordern bedeutet für unser Gehirn Stress, ein kleines Danke kann unsere gesamte mentale Welt entspannen und zur Ruhe bringen.

Bevor du anfängst, Sanskrit zu lernen und dir lange, komplizierte Mantren zu merken, beginn in deiner Muttersprache mit einem kleinen Danke.

anjali-mudra-prayer-gestureMit diesem einfachen Wort Danke besinnen wir uns wieder nach innen und durchbrechen den Kreislauf von Wünschen, Haben-Wollen und purer Gier. Anstatt immer noch mehr zu fordern, kannst du nur mit dem Wörtchen Danke den gesamten Teufelskreis ins Gegenteil umdrehen. Du wirst Fülle erkennen statt Leere. Du wirst Liebe und Vertrauen erfahren anstelle von Konkurrenz und Neid. Du wirst Licht und Frieden erleben anstelle von Konflikt  und Frust. Denn das Danke verändert deinen Fokus und damit deine gesamte Wahrnehmung.

Lass dein Danke auch nicht zur leeren Floskel verkommen, indem du es gedankenlos oder gar inflationär verwendest. Wenn du zu jemandem danke sagst, schau dieser Person in die Augen und schenk ihr oder im ein Lächeln.

Versuch es einfach, dich immer und immer wieder am Danke zu orientieren, anstatt am steigen Fordern, am ewigen Nörgeln und Beklagen.

Sag auch ein tiefes Danke in deiner Beziehung mit Gott bzw wie auch immer diese Kraft, die größer ist als wir in deinem Weltbild heißen mag. Ein Danke bringt dich dieser Kraft, dieser Energie im Universum näher, in dem du es mit einem bejahenden Danke wertschätzt. Yoga hin, Achtsamkeit her, ich habe mich erst neulich wieder dabei ertappt, als ich als Taufscheinkatholikin mit einem tiefen Herzenswunsch an Gott gewandt habe, ohne all das, was ich habe, durch ein Danke noch mehr wertzuschätzen.

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Geht es dir auch manchmal so, dass du es zwischendurch als Selbstverständlichkeit betrachtest, wie viel Liebe du doch von so vielen Menschen in unserem Leben jeden Tag aufs Neue geschenkt bekommen. Ertappst du dich auch hin und wieder mal dabei, dass du noch mehr möchtest?

Dieses ganz normale menschliche Phänomen begegnet uns im Yoga Sutra an zwei prominenten Passagen:

  • Rāga als Gier lernen wir zu Beginn des zweiten Kapitels kennen. Es ist eines der fünf so genannten kleśas, den kleinen Störenfrieden in uns, die uns immer wieder rütteln, immer wieder antreiben und weiterpeitschen. Und diesen tief sitzenden Triebkräften können wir uns auch nicht entziehen können. Im Yoga Sūtra heißt es weiter, dass all unsere Gedanken und Handlungen diesen kleśas entspringen. Avidyā, übersetzt als Unwissenheit, Verwechslung, Verblendung, Irrtum oder mangelnde Erkenntnisfähigkeit, gilt als erstgenanntes kleśa auch als Urmutter der vier weiteren kleśas.
    Denn wie oft sind wir verblendet und glauben, dass uns ein noch besser Job glücklicher werden lässt? Dass wir mit einem neuen Auto endlich frei sein werden? Oder wie oft ertappst du dich als Yoga-Praktizierende/r dabei, anzunehmen, mit noch mehr Stunden, mit noch mehr Schwitzen, mit einer neuen Position in der Ashtanga-Serie schneller zur Erleuchtung gelangen kannst? DAS ist rāga, die avidyā entspringt. Patanjali sagt im 7. Vers des zweiten Kapitels:

    ukha-anuśayī rāgaḥ.
    Mein Lehrer Ronald Steiner übersetzt diesen Satz folgendermaßen und bringt alles damit auf den Punkt: „Anzunehmen, dass äußere Umstände das Glück mit sich bringen, wird Gier (Raga) genannt.“

    Vermutlich liegt es ganz in der Natur von uns Menschen, dass wir immer mehr wollen, den ultimativen Kick suchen und selbst Dinge sammeln und horten, die uns gar nicht gut tun. Und wenn wir uns dieser Tendenzen bewusst werden, können wir die Kraft entwickeln, ihnen etwas entgegenzusetzen – ein Danke zum Beispiel. Und damit werden aus den Störenfrieden wunderbare Freunde und Helfer.

  • Den Drang immer mehr zu haben und anzusammeln zu überwinden, will uns auch der Vers 39 im zweiten Kapitel des Yoga Sutras lehren, das da lautet:
    aparigraha-sthairye janma-kathaṁtā saṁbodhaḥ.
    Aparigraha ist das letztgenannte der fünf Yamas, also der fünf Ethikregeln im Umgang mit den Mitmenschen. Man kann den Begriff übersetzen als das Nicht-Horten, als Unabhängigkeit von Besitz und/oder materiellen Dingen, als Anspruchslosigkeit, als Abwesenheit von Gier aber auch als Unbestechlichkeit. sthairye ist die Beständigkeit oder Stabilität, janma kann als Geburt oder unser Da-Sein auf der Erde übersetzt werden, kathaṁtā steht für das Ziel, saṁbodhaḥ kann man als Wissen oder Verständnis deuten. Zusammengesetzt aus diesen Sanskrit-Wortfeldern bedeutet dieser Satz etwa:
    Wer stetig das Horten ablehnt, wird Wissen über das Ziel des Lebens erlangen.
    Oder: Wer beständig anspruchslos ist, erlangt Weisheit über die Fülle des Lebens,

    Im übertragenen Sinne klärt uns Patanjali also darüber auf, dass nur dann, wenn wir frei von Besitzgier und unbestechlich sind, den Sinn des Lebens verstehen können. Und damit wird auch ganz klar, dass uns weder materielle Dinge, noch krumme Deals, mit denen wir unser Gewissen verkaufen, noch die Anhäufung von Objekten frei und glücklich machen. Eh klar, logisch, oder?

Soweit zur yogischen Theorie. Die Praxis, nicht immer wieder dieser Illusion zu erliegen, kann Jahre in Anspruch nehmen. Wir wünschen uns die neue Couch, sparen auf das Designerkleid – und dann ist es da, und anstatt vollkommen glücklich und zufrieden zu sein, geht das Leben einfach ganz normal weiter.

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(c) Yoga Journal


Lass danke zu deinem wichtigsten Mantra werden. Sag einfach Danke. Für das, was du hast. Für Freunde, Familie, Kinder. Einfach dafür, dass sie da sind. Schicke ein Dankeschön auch an Kleinigkeiten, und seien es auch noch so kleine Dinge, die dir vielleicht banal erscheinen. Ein danke ist so ein guter Anfang. Wir dürfen hier in Europa in Frieden und bürgerlicher Freiheit leben. Wir haben mehr als genug zu Essen und ein Dach über dem Kopf. Wir werden nicht verhaftet aufgrund unserer Religion, wenn wir öffentlich unsere Meinung sagen – und das ist alles keine Selbstverständlichkeit. Sag danke fürs Yoga. Wir genießen sogar den Luxus, Geld und Zeit für unser Seelenleben zur Verfügung zu haben – vor rund 60 Jahren wäre das für Frauen in unserem Alter einfach nur undenkbar gewesen. 

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