Yogi-Mama, die Zweite

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Oja, es war in den vergangen Wochen hier am Blog ziemlich leise, viel zu leise sogar, das gebe ich zu. Der Grund dafür ist ein wunderschöner, der mich aber zuletzt vor allem abends, meiner kreativsten Schreibzeit, außer Gefecht gesetzt hat.* Bereits im November hat sich bei uns ein kleiner Bauchzwerg eingenistet. Ein kleines Menschlein wächst in meinem Bauch heran und wird Anfang August unsere kleine Dreier-Familie vergrößern.

Und anders als in meiner ersten Schwangerschaft, hat mich diese mittlerweile dritte Schwangerschaft – nach einer Fehlgeburt in der achten Woche im Juni vorigen Jahres – ziemlich viele Kräfte gekostet.

(c) Christina Gaio Photography


Zu so ziemlich allem, was frau in den ersten Wochen und Monaten ausfassen kann, hat irgendwas in mir drin gleich dreimal laut „Ja bitte, her damit!“ geschrien.

Übelkeit – check.
Lähmende Müdigkeit – check.
Emotionale Ausbrüche in der ganzen Bandbreite des Gefühlsspektrums – check.
Heißhunger im Wechsel mit Appetitlosigkeit – check.
Angst und Unsicherheit im Zusammenhang mit einer weiteren Fehlgeburt – check.
Aber Himmel und allen yogischen und nicht-yogischen Göttern sei gedankt, bis jetzt läuft alles gut.

Doch zwischendurch forderte der kleine Mann, der bald ein großer Bruder wird, im Wachstumsschub rund um seinen zweiten Geburtstag Aufmerksamkeit und Kuscheleinheiten. Auch größere und kleinere Wehwehchen des ganz großen Mannes mussten gehegt und gepflegt, gehört und aufgearbeitet werden. Familie, Haushalt, Zweitjob, Freunde. Ich war so manches Mal hin- und hergerissen zwischen den Polen „Schwanger zu sein ist doch keine Krankheit“ und „Ich bin schwanger, ich darf alles“.

Ja. Ich erlaubte mir so manches. Dreckiges Geschirr stehen lassen. Auch mal auszuflippen. Laut zu heulen, wenn mir danach war. Tagelang nicht die Essensbrösel aufzusaugen. Krankenstand nach zwei durchwachten Nächten, weil ich einfach Schlaf nachholen musste, während der Bald-große-Bruder in der Kinderkrippe war. Und es war gut so. Es hat wieder Balance geschaffen.

Und zwischen dem nicht ganz normalen Wahnsinn des Alltags war da auch noch Yoga.
Yoga als meine eigene Praxis sowie mein Yoga-Unterricht.
Beide Elemente waren für mich enorm wichtig. Yoga war mein Ankerpunkt, der Fels in der Brandung.
Und wenn meine eigenen Übungseinheiten oft nur simpel, kurz und soft waren, selbst die kleinste Micropraxis ließ mich meine Batterien wieder auftanken. Um ganz tief in mir drinnen ankommen zu können, um mich zu erden und zu zentrieren, braucht es gar nicht mehr viel. Ein paar Atemzüge, ein paar Minuten Meditation, ein paar softe Sonnengrüße – all das hat mich genährt und gestärkt. Einfach innehalten im lauten Trubel, in dem, was sich Leben nennt – das tut einfach so gut.

(c) Christina Gaio Photography

Doch noch viel intensiver habe ich für mich meine Unterrichtsstunden erlebt. Einige Auszeiten musste ich mir nehmen – doch mir war es eine Herzensangelegenheit, für meine lieben Yoga-Teilnehmer da sein zu können. Wenn jede Woche für Woche so oft dieselben vertrauten Gesichter mit einem Lächeln und so offenen und herzlichen Worten den Yogaraum betreten und 90 Minuten später den Raum mit einem Danke, einer Umarmung oder einfach nur einem entspannten Strahlen von innen heraus verlassen, ließ das alle Beschwerden und Zipperchen und selbst gröbste Müdigkeit verschwinden. Alles war wie gegezaubert, die Magie des Yoga hat alles überstrahlt.

Die Kraft und Energie, die alle Übenden im Raum entstehen haben lassen, diese heimelige, vertraute Atmosphäre der Zwischenmenschlichkeit, das gegenseitige Vertrauen und die vielen Atemzüge, die wir miteinander ausgetauscht haben, meine Teilnehmer und ich, haben mich unendlich genährt.
Wir alle waren – und sind es nach wie vor – gemeinsam unterwegs auf dem Yogaweg.
Und auf diesem Yogaweg geht es um Spüren, um Wahrnehmen, um tiefe Erfahrungen und Begegnungen zuzulassen – egal, ob Lehrer oder Schüler. Den Weg gehen wir alle.
Ich wollte euch etwas geben, aber ich habe noch so viel mehr zurückbekommen.

Und dafür möchte ich auch euch, lieben Yogis, aus meinem tiefsten Herzen heraus und auch im Namen des kleinen Herzchens in mir drinnen, auch einfach Danke sagen.

Ihr habt mich getragen, mit dem ersten „Hallo“, beim Betreten des Yogastudios. Lange, ohne etwas zu ahnen, ohne etwas zu wissen – aber das Rationale brauchen wir ja gar nicht immer im Yoga.

ich bin – ja, wem eigentlich? Dem Universum? – dankbar, so einen bereichernden Beruf als Berufung ausüben zu dürfen. Eine Tätigkeit, die so viel mehr ist, als Aufgaben nach Befehl oder Schema F auszuüben. Wo ich tief in meine Intuition gehen kann und aus meinen eigenen Erfahrungen schöpfen darf.

Jetzt, wo schon ein bisschen mehr als die erste Hälfte der Schwangerschaft vorüber ist, der Bauch wächst, das kleine Etwas in mir drin schon kräftig strampelt und die Anzahl der Wochen, wo ich noch unterrichten kann und darf, absehbar sind, wächst auch gleichzeitig ein bisschen Wehmut. Ich vermisse euch jetzt schon.

Die Zeit, noch ein kleines Minimenschlein in unserer Mitte willkommen zu heißen und einfach ankommen zu lassen, um von der Dreier- zu einer Viererfamilie zusammenwachsen zu können, werden wir brauchen. Denn diese Zeit kommt nie mehr wieder zurück.

(c) Christina Gaio Photography

Doch ich weiß euch auf eurem Yogaweg begleitet von vielen anderen wunderbaren Yogis, liebevollen Lehrern, tollen Menschen. Sie werden euch ebenfalls inspirieren, sie teilen andere Erfahrungen, schaffen neue Begegnungen, lassen euch auf eine andere Art und Weise euch weiter entwickeln. Möge euch all das bereichern und wachsen lassen.

Ich verneige mich vor euch. Namaste!

Om & Oss

 

* Den Text habe ich Anfang April in einer schlaflosen Nacht verfasst. Ich habe lange nachgedacht, wie persönlich der Beitrag hier werden soll und mich dann dazu entschlossen, ihn jetzt online zu stellen. Das kleine große Wunder namens Niklas ist bereits seit acht Wochen bei uns auf der Welt und erfreut uns jeden Tag wieder mit seinem fröhlich-entspannten Wesen. Gleichzeitig ist dieser Text der Auftakt zu einer ganzen Beitragsreihe rund um das Thema Yoga und Schwangerschaft.

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